Irgendwie anders: Personalentwicklung in Australien
Globalisierung wird häufig missverstanden. Sie bedeutet nicht zwangsläufig, dass sich Arbeitsprozesse und Vorgehen in den meisten westlichen Industriestaaten annähern und ähnlicher werden.
Ein gutes Beispiel dafür findet sich in Australien. Hier wird im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung mit dem „Australian Qualifications Framework (AQF)“ ein nationales System angewendet, welches wenig Schnittfläche mit den meisten europäischen Modellen hat.
1995 ins Leben gerufen, gibt es detaillierte Informationen und macht rechtlich verbindliche Vorgaben zu allen verfügbaren akademischen und nichtakademischen Berufsabschlüssen, Tätigkeiten und Weiterbildungen. Dabei setzt es die Berufsabschlüsse in Beziehung zueinander und gibt genau vor, was zum Erreichen welchen Berufs- oder Fortbildungsgrades geleistet werden muss.
Zusätzlich sind alle Fortbildungsinhalte verbindlich festgelegt und veröffentlicht, sodass ein Mitarbeiter diese theoretisch schon vor der Fortbildung bearbeiten könnte.
Durch die Detailtiefe in der Beschreibung der Berufsabschlüsse, Tätigkeiten und Fortbildungen entsteht im Recruitingprozess ein hoher Aufwand, da häufig nicht die Berufsabschlüsse an sich, sondern eine Vielzahl von Fortbildungen geprüft werden müssen.
Ein Beispiel: Der Berufsabschluss „Schreiner“ existiert in seiner in Deutschland gebräuchlichen Form in Australien nicht. Theoretisch darf sich jeder Schreiner nennen. Sucht ein Betrieb einen Schreiner, so wird im Recruiting geprüft, ob der Bewerber über Erfahrung (Arbeitszeugnisse) und offizielle Fortbildungen nach dem AQF verfügt. Allein zur Beherrschung der Kreissäge gibt es mehrere Kurse mit Abschlüssen.
Das Potenzial von Mitarbeitern rückt in diesem Prüfungsvorgang dabei oft in den Hintergrund. Recruiter in Australien sind meist darauf fokussiert festzustellen (und kritisch zu prüfen), ob Zeugnisse oder Zertifikate vorliegen, die zeigen, dass der Bewerber zum jetzigen Zeitpunkt genau auf die ausgeschriebene Position passt.
In der Personalentwicklung geht es folglich auch meist darum, Mitarbeiter für geänderte Arbeitsanforderungen zu qualifizieren. Die Förderung von Potenzial oder die Schaffung von „Kompetenz-Pools“ wird selten angestrebt.
Eine innovative Einrichtung im australischen Bildungssystem ist jedoch die „Recognition of Prior Learning (RPL)“ [Anerkennung bisheriger Lernerfolge]. Die Grundidee ist, dass bereits erworbenes Wissen ggf. bei der Erreichung eines Fortbildungsabschlusses anerkannt werden kann.
Beispiel: Hat ein Mitarbeiter bereits 10 Jahre Erfahrung im Vertrieb gesammelt und kann nachweisen, dass er entsprechend schon einzelne Inhalte der Fortbildung beherrscht, so kann dies anerkannt werden. Dadurch verringert sich u. U. der Umfang der zu absolvierenden Module.
Das RPL-System bietet somit die Möglichkeit, auch bei benachbarten Themenbereichen nicht immer „bei null“ anfangen zu müssen, sondern trägt der Idee des lebenslangen Lernens konsequent Rechnung.
AKZENT Consulting hat diese Idee in ihre Personalentwicklungsprojekte integriert. Hier gilt es, vorhandenes Wissen systematisch zu erfassen und diese bei der Planung von Weiterbildungen zu berücksichtigen und zu integrieren. Damit sich die Investition in den Mitarbeiter oder die Führungskraft wirklich lohnt, ist eine saubere Bestandsaufnahme individueller Kenntnisse und Fähigkeiten ein somit notwendiger Schritt. Der so entstehende rote Faden in der Bildungshistorie bietet einen echten Mehrwert, verzahnt Wissensfelder und führt so zu Synergien in der Weiterbildung.