Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg äußert sich vor laufenden Kameras zu den Plagiatsvorwürfen bezüglich seiner Dissertation. Sicherlich einer der ersten „rhetorischen Momente“ des Jahres 2011.

Ein heißer Kandidat für den Satz des Jahres: „Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat und den Vorwurf weise ich mit allem Nachdruck von mir.“

Doch sehen Sie selbst:

Eine kurze Analyse zu den Auffälligkeiten in Guttenbergs rhetorischem Agieren:

1. Guttenberg setzt auf Emotion/ Mitleid

–    „über etwa 7 Jahre, neben meiner Berufs- & Abgeordnetentätigkeit…“
–    „als junger Familienvater in mühevollster Kleinarbeit…“
–    Entschuldigung bei möglichen Betroffenen: das wurde von ihm erwartet und er muss es aus rhetorischer Sicht auch tun: „captare benevolentiae“ – sich das Wohlwollen der Zuhörer sichern, in diesem Fall durch Zugeständnisse und eben einer Entschuldigung. Hätte er dies nicht gemacht, hätte er weite Teile der Öffentlichkeit sofort an die Gegenpartei verloren.

2.  Satzbau/Formulierung

–    stellt sicher, dass weder etwas falsch verstanden werden kann in solch einer brisanten Situation, noch dass er selbst schwerwiegende Formulierungsfehler begeht

–    einfache Wortwahl, zum Einen aus o.g. Gründen. Zum Anderen, um bei einem solch entscheidenden Moment für ihn sicher zu stellen, dass möglichst viele Menschen seine Verteidigung auch verarbeiten können (Intellekt, Zeit, Wiedergabekriterien verschiedener Medien….)

–    die vielen Konjunktive in seinen Ausführungen machen deutlich, dass er sich nach allen Richtungen absichern möchte, so dass ihm im Anschluss nicht sofort ein weiterer Strick gedreht werden kann. Er entscheidet sich bewusst für diese Strategie und nimmt damit in Kauf, dass seine Stellungnahme hierdurch auch vermittelt, dass er selbst in seiner Position (Vorwürfe sind „abstrus“) nicht mehr so gefestigt ist, wie noch vor wenigen Tagen

3. Faktenkeule, Versteckte Botschaften, Wiederholungen

–    „1300 Fußnoten, 475 Seiten….“  – die Nennung der Zahlen soll Verständnis dafür schaffen, nach dem Motto: „Da kann jedem Mal ein Fehler unterlaufen.“ – aussprechen darf er das natürlich nicht, sonst hat er die nächste Schlagzeilen-Welle am Hals.

–   „bewusst, (…) bewusst“ oder: nicht mit Vorsatz

–    „wissenschaftliches, ich betone wissenschaftlich“ oder: nicht politisch…

–    „vorübergehend, ich betone vorübergehend“ oder:  ich gebe mich noch nicht geschlagen, auch wenn ich mich nun hier erkläre…

Genau auf diese Aspekte wird er auch in Zukunft seine Verteidigungsstrategie aufbauen. Deshalb unterstreicht Guttenberg diese  ganz gezielt, um sie schnellst möglich in den Köpfen der Bevölkerung zu verankern.

5. Körpersprache, Mimik

–    wirkt sehr aufgesetzt, ein wenig komödiantisch-trotzig; vermittelt den Eindruck, dass er diese Stellungnahme eher unter Zwang abgibt. In etwa wie ein trotziges Kind, dass doch – dreiviertels von den Eltern gedrängt, viertels überzeugt -das Gedicht bei der Oma aufsagt ohne wirklich dahinter zu stehen

–    geht in signifikantem Maß zu Lasten der Glaubwürdigkeit seiner Worte/Inhalte

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